Windkraft westlich von Schwieberdingen?

Anlässlich einer Informations- und Diskussionsveranstaltung am 5.10.2022 in Schwieberdingen sorgte eine Aussage von MDL Dr. Rösler für einige Unruhe in Vaihingen an der Enz. Rösler in seiner Pressemitteilung vom 7.10.2022: "Die westlich von Schwieberdingen gelegenen Flächen, die ebenfalls in den Regionalplanungen als potenzielle Windkraftstandorte ausgewiesen sind, dürften deshalb auf keinen Fall genutzt werden, da sie ein wichtiges Gebiet für Zug- und Rastvögel darstellen".
Inzwischen konnte mit dem Vorsitzenden des NABU Schwieberdingen, Herrn Dr. Thomas Gölzer, geklärt werden: Zwischen Schwieberdingen und Hemmingen gibt es einen Vogelzugbeobachtungspunkt für Zugvogelschwärme. Dort werden besonders viele Rastvögel und rastende Regenpfeifer beobachtet. Besonders bedeutsam ist wegen seiner Seltenheit in Europa der Goldregenpfeifer. Er kommt im Herbst aus Island, macht Station auf einem Acker bei Hemmingen (unter Ornithologen: Der „Regenpfeiferacker“) und fliegt dann weiter nach Südeuropa. Der Vogel bevorzugt zum Rasten einen Tundra artigen Acker ohne jegliche vertikale Strukturen. Vertikale Strukturen wie Bäume, Hochspannungsmasten oder eben auch Windkraftanlagen stören ihn. Der Vogel rastet deshalb bisher nur östlich des Hochwalds bei Hochdorf. Die gesamte Gemarkung von Vaihingen ist davon nicht betroffen.

Weitere Informationen zum Goldregenpfeifer finden sich auch in einem Vortrag von Dr. Gölzer vor den Freien Wählern in Hemmingen.

Bild: Goldregenpfeifer bei Hemmingen

Goldregenpfeifer bei Hemmingen

Kommentare

Markus.Roesler@gruene.landtag-bw.de

Lieber Herr Randoll,

In der Tat habe ich mich bei der Windkraft-Veranstaltung in Schwieberdingen und in zahlreichen weiteren Gesprächen auf das Vogelzug- und Vogelrastgebiet „Regenpfeiferacker“ zwischen Hemmingen, Schwieberdingen und Hochdorf bezogen. Das Gebiet ist ein mindestens landesweit herausragend bedeutsames Gebiet für Zug- und Rastvögel. Hier werden seit rund zehn Jahren im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten von Ornithologen aus dem Kreis Ludwigsburg (Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg für den Kreis LB) samt Unterstützung durch weitere Ornithologen aus dem ganzen Land und unter Beteiligung auch zahlreicher NABU-Aktiver systematisch jährlich mehrere hunderttausend Vögel auf dem Durchzug beobachtet.

Neben allein fünf Regenpfeiferarten - darunter der besonders seltene Mornellregenpfeifer - konnten in den letzten zehn Jahren weitere 160 Vogelarten registriert werden. Daruntereine unglaubliche Vielfalt selbst extrem seltener Arten insbesondere Greifvogel-Arten wie Kaiseradler, Schlangenadler, Adlerbussard, Steppenweihe und Gleitaar.

Diese herausragende Bedeutung hängt offensichtlich mit der von Norden her wirkenden Trichterfunktion von Stromberg-Heuchelberg im Westen, Schwäbisch-Fränkischem Wald im Osten und dem Neckartal in der Mitte zusammen. Zwischen Lauffen und Besigheim erfolgt dann offensichtlich vom Neckartal zumindest in nennenswerten Teilen der generell übliche "Zugvogel-Schwenk" Richtung Südwesten und damit nahezu flächig über den westlichen/mittleren Kreis Ludwigsburg süd(west)lich von Besigheim. Ackerflächen auf Kuppen wie im Umfeld des "Regenpfeiferackers" besitzen eine besondere Bedeutung für zahlreiche Vogelarten, die insbesondere in Skandinavien in großen baum- und strauchlosen Flächen brüten (Fjälls, Moore...).

Herzliche Grüße
Ihr Markus Rösler